Die Diskussion um das Unterrichtsfach LER (Lebenskunde Ethik Religion) in Brandenburg vor zwei Jahren und nun um einen Werteunterricht in Berlin macht es deutlich – Kinder wachsen in einer Gesellschaft auf, der die Werte verloren zu gehen drohen. Wie wichtig aber Werte für das Zusammenleben sind, wird deut- lich, wenn man sieht, wie überfordert Eltern sind oder mit welcher Gleichgültigkeit Gewalt toleriert wird. Darum erscheint Gerda Pighins Erziehungsratgeber im Reinhardt-Verlag zur richtigen Zeit. Für Pädagogen ist er nur indirekt eine Hilfe, denn er richtet sich in erster Linie an Eltern und Großeltern. Die interessante theoretische Diskussion wird in dem Buch kaum angeschnitten. Dafür aber gibt es einen allgemein verständlichen Abriss der kindlichen moralischen Entwicklung bis ins Jugendalter, in dem unzählige Beispiele angeführt werden, so dass aufgeschlossene aber einfach strukturierte Eltern sich gut Erziehungsstandpunkte erarbeiten können. Besonders hilfreich im Gegensatz zu anderen Veröffentlichungen wie dem “Berliner Erziehungsprogramm für Kindertagesstätten” ist dabei, dass Gerda Pighin genaue Altersangaben für die einzelnen Erziehungsziele aufzeigt. Die Ausführungen bestechen durch ein großes Einfühlungsvermögen in die alltäglichen Dilemmata von Kindern und Eltern. Orientierung ist in einer multikulturellen Gesellschaft nötiger denn je, aber gleichzeitig scheint es ausgerechnet das Erziehungsziel „Toleranz“ zu sein, dass „alles“ erlaubt; Erziehung muss der Spagat gelingen, Grenzen zu setzen, aber ohne „Drill“ auszukommen. Wie es unter diesen Voraussetzungen möglich ist, Kinder dazu zu bringen die Höflichkeitsformen gegenüber Erwachsenen anzuwenden, andere ausreden zu lassen, Pflichten auszuüben, „richtig zu streiten“ oder sich zu entschuldigen, beschreibt G. Pighin in kurzen Abschnitten und fasst das Wichtigste in Merkkästen zusammen.